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Das bedeutet das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) für Online-Angebote wie Onlineshops, Buchungssysteme und Websites

Barrierefreiheit
Ab dem 28. Juni 2025 müssen Onlineshops, Buchungssysteme und Websites, auf denen elektronischer Geschäftsverkehr abgewickelt wird, barrierefrei sein. Erfahre hier, wer davon betroffen ist und welche Auswirkungen das Gesetz auf dein Online-Angebot hat.
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Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)

Bereits am 16. Juli 2021 hat der Bundestag das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) beschlossen. Dieses verpflichtet privatwirtschaftliche Unternehmen, ihre angebotenen Produkte und Dienstleistungen ab dem 28. Juni 2025 barrierefrei zu gestalten. Dadurch sollen sie für Menschen mit körperlichen und kognitiven Einschränkungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sein.

Bin ich vom BFSG betroffen?

Bisher waren nur öffentliche Einrichtungen durch das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) dazu verpflichtet, ihre Webseiten barrierefrei zu gestalten – so zum Beispiel die Website der Stadt Kiel. Mit dem neuen Gesetz werden nun auch privatwirtschaftliche Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen unter die darin genannten Kategorien fallen, dazu aufgerufen. Unter Online-Angeboten sind insbesondere Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern gemeint. Darunter ist der gesamte E-Commerce zu verstehen, also jede Art von geschäftlichen Transaktionen sowie elektronisch abgewickelte Geschäftsprozesse, bei denen die Beteiligten auf elektronischem Wege miteinander verkehren. Wenn du also auf deiner Website einen Onlineshop oder ein Buchungssystem für beispielsweise Termine oder Tickets betreibst, solltest du bis zum 28. Juni 2025 sicherstellen, dass sie barrierefrei ist.

Gibt es Ausnahmen?

Eine Ausnahme gilt für Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen erbringen. Unternehmen, die weniger als 10 Personen beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro erzielen oder eine Bilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro haben, sind nicht vom BFSG betroffen.

Das Gesetz macht in zwei weiteren Fällen eine Ausnahme. Einerseits, wenn die Einhaltung zu einer grundlegenden Veränderung des Produkts oder der Dienstleistung führen würde, sodass diese nicht mehr den beabsichtigten Zweck erfüllen können. Andererseits, wenn die Einhaltung nachweislich eine zusätzliche übermäßige organisatorische oder finanzielle Belastung für den Wirtschaftsakteur darstellt und es dadurch nicht möglich ist, die Anforderungen umzusetzen. In beiden Fällen muss ein Nachweis an die zuständige Landesbehörde zur Marktüberwachung geliefert werden, um die Ausnahme zu beantragen. 

Welche Richtlinien müssen befolgt werden?

Wer sich über die Anforderungen des BFSG informiert, wird mit verschiedenen Richtlinien konfrontiert: die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0), die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 und die Norm DIN EN 301 549.

Die BITV 2.0 wurde im Zuge des Behindertengleichstellungsgesetzes veröffentlicht und definiert die Richtlinien für Barrierefreiheit in öffentlichen Webauftritten des Bundes.

Bei den WCAG 2.1  handelt es sich um den internationalen Standard für Barrierefreiheit, der von der Web Accessibility Initiative (WAI) des World Wide Web Consortiums (W3C) entwickelt wurde. Die WCAG 2.1 sind in drei Konformitätsstufen unterteilt: A, AA und AAA. Diese Stufen geben an, in welchem Umfang die Richtlinien implementiert wurden und wie zugänglich eine Website ist.

Die Norm DIN EN 301 549 ist eine EU-Richtlinie für Barrierefreiheit im Web, welche die Erfüllung der WCAG 2.1 Erfolgskriterien der Konformitätsstufen A und AA vorsieht. Die Erfolgskriterien der Konformitätsstufe AAA werden dabei als erweiterte Kriterien aufgelistet, die nicht für alle Inhalte relevant sind und lediglich bei Bedarf erfüllt werden müssen. Die Anforderungen, die sich daraus ergeben, werden im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) zitiert. Somit sind die WCAG 2.1 als Richtlinien für Unternehmen, die von diesem Gesetz betroffen sind, zu verstehen. 

Welche Anforderungen sind für die Barrierefreiheit zu erfüllen?

Die WCAG 2.1 beruhen auf vier Prinzipien: Webinhalte müssen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein. Anhand dieser Prinzipien werden Richtlinien definiert, die wiederum in Erfolgskriterien konkretisiert werden.

Die Anforderungen der WCAG müssen sowohl auf gestalterischer als auch auf programmatischer Ebene umgesetzt werden. Für eine optimale Wahrnehmbarkeit wird vorgegeben, Textalternativen für Bilder und Audio anzubieten. Außerdem sollten die Inhalte beispielsweise durch Zoomen anpassbar und durch ausreichend Kontraste voneinander unterscheidbar sein. Dadurch soll die Wahrnehmung mit und ohne assistierende Technik ermöglicht werden. Die Bedienbarkeit soll sichergestellt werden, indem alle Funktionalitäten mit unterschiedlichen Eingabegeräten zugänglich sind, z.B. alleine mit der Tastatur oder alleine mit der Maus. Außerdem müssen schnelle Animationen und flackernde Inhalte vermieden werden, um Anfällen vorzubeugen.Um die Verständlichkeit zu gewährleisten, müssen Inhalte lesbar und verständlich sein, etwa durch eine zweite Version des Online-Angebots in einfacher Sprache. Das Ausführen von Funktionen und die Weiterleitung zu anderen Seiten oder Inhalten sollen vorhersehbar sein und das Auftreten von Fehlern möglichst vermieden werden. Hierbei handelt es sich nur um eine grobe Zusammenfassung der im Detail beschriebenen Richtlinien der WCAG.

Neben der Einhaltung dieser Richtlinien sind betroffene Wirtschaftsakteure dazu verpflichtet, den Stand der Barrierefreiheit auf der eigenen Website zu dokumentieren. Dafür wird i.d.R. eine Unterseite im Footer verlinkt, welche die Ergebnisse einer Überprüfung beinhaltet und in der ggf. Mängel aufgelistet sind. 

Wofür ist die Barrierefreiheit meiner Website wichtig?

Gerade Personen mit körperlichen oder kognitiven Einschränkungen nutzen gerne das Internet für Käufe, da sie in der physischen Welt teilweise mit größeren Hindernissen konfrontiert sind. Diverse Tools helfen ihnen dabei, das Web zu navigieren und Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Damit diese aber funktionieren, müssen Websites entsprechend gestaltet und programmiert sein. Dies wird nun mit dem BFSG zur Pflicht für elektronische Dienstleister.

Barrierefreiheit ist allerdings nicht nur für Menschen mit Behinderungen sinnvoll – auch Technik-Laien oder ältere Menschen profitieren von der vereinfachten Bedienbarkeit. Und darüber hinaus kann jeder aufgrund des steigenden Alters oder durch temporäre Einschränkungen, wie z.B. Verletzungen, betroffen sein. 

Wie finde ich heraus, ob meine Website barrierefrei ist?

Es gibt diverse Tools, mit denen sich eine Website oder App schnell auf ihre Zugänglichkeit überprüfen lässt. Dazu zählt der „Lighthouse“-Test, welcher über die Entwicklertools im Chrome-Browser gestartet werden kann. Lighthouse bietet u.a. eine oberflächliche, allgemeine Zugänglichkeitsprüfung und gibt eine schnelle Übersicht über mögliche Probleme. Ein weiteres Tool ist „Wave“ (https://wave.webaim.org), das Websites wesentlich detaillierter untersucht und spezifisch die Konformität nach WCAG in den verschiedenen Konformitätsstufen prüft. Nach der Ausführung der Prüfungen werden potenzielle Fehler im Code aufgelistet, die es zu beheben gilt.

Diese Tools können jedoch keine Aussagen über das tatsächliche Nutzererlebnis und die Bedienbarkeit durch Menschen mit Einschränkungen machen. Hierfür bietet es sich an, Websites mit den verwendeten Hilfstechnologien zu testen oder im besten Fall von betroffenen Personen testen zu lassen. Um sicherzugehen, dass alle Anforderungen des BFSH eingehalten werden, ist empfehlenswert, einen ausführlichen Audit durchführen zu lassen, bei dem sämtliche Erfolgskriterien der WCAG mithilfe von fortgeschrittenen Tools und einer manuellen Überprüfung geprüft werden.

Was passiert, wenn ich meine Website nicht barrierefrei umsetze?

Ab dem 28.06.2025 werden betroffene Websites stichprobenartig auf ihre Barrierefreiheit überprüft. Sollten die Anforderungen des BFSG nicht erfüllt sein, wird zunächst eine Nachbesserung oder das Entfernen der Website vom Markt gefordert. Wird dies missachtet, kann ein Bußgeld zwischen 10.000€ und 100.000€ verhängt werden. Bei einer stichprobenartigen Untersuchung scheint die Wahrscheinlichkeit, selbst überprüft zu werden, nicht allzu hoch zu sein. Darauf sollte man sich jedoch nicht verlassen – denn jeder hat die Möglichkeit, Verstöße bei der zuständigen Landesbehörde zu melden. 

Fazit

Wenn die Barrierefreiheit noch nicht umgesetzt ist, sollte dies so bald wie möglich in Angriff genommen werden. Das Testen sowie die Umsetzung eines barrierefreien Designs und Codes kann je nach aktuellem Stand viel Zeit in Anspruch nehmen. Unternehmen sollten das Gesetz ernst nehmen und kein Bußgeld riskieren. Darüber hinaus tragen sie zur digitalen Teilhabe von Menschen mit körperlichen und kognitiven Einschränkungen bei, denn gerade diese profitieren insbesondere vom E-Commerce und können bei einem positiven Nutzungserlebnis auf Ihrer Website zu wertvollen Kunden werden.

Du brauchst Hilfe beim Thema Barrierefreiheit?

Wir können jahrelange Erfahrung im Bezug auf barrierefreie Websites, Onlineshops und Buchungssysteme bieten und helfen Dir gern pünktlich zum Start des BFSG barrierefrei zu sein.